Verlag? Verlegen?

Eine Begriffsbestimmung.

 

Nicht nur unter Literaturschaffenden und -verbreitenden wird angespannt über das Begriffsfeld des Verlags diskutiert. Am weitesten auseinander liegen dabei die Bezeichnungen Publikumsverlag und Druckkostenzuschussverlag. Grund genug, hier das Verlagsmodell als solches vorzustellen!

 

Begriffsursprung. Das Wort stammt aus dem Mittelhochdeutschen. "Verlegen" bedeutete "Geld ausgeben" und bezog sich anfangs gar nicht auf Literatur oder Geschriebenes, sondern auf andere Sparten der Heimarbeit. Der Verleger war ein Unternehmer, der den Heimarbeitern das Material beistellte, also "vorlegte". Genau wie später beim Buchverlag bestand das System aus gegenseitigem Geben und Nehmen: Der Verleger streckte dem Arbeiter die Kosten vor und erwarb damit eine finazielle Beteiligung am Erlös seines Produkts. Dass der Unternehmer die Verbreitung übernahm, lag an seiner Kompetenz in Sachen Organisation und Logistik.

 

Der Publikumsverlag. Nicht eingehen auf die unterschiedlichen Sparten wie Musikverlag, Zeitungsverlag etc. will diese kurze Abhandlung. Der Publikumsverlag oder Printverlag, wie er volkstümlich genannt wird, folgt dem klassischen Verlagsprinzip: Er übernimmt alle Kosten für die Herstellung eines Buchs (Bewertung des Manuskripts, Lektorat, Korrektorat, Recherche zur "Titelfreiheit", Covergestaltung), für seine Verbreitung (Bestellung der ISBN, Registrierung für das Verzeichnis lieferbarer Bücher/VLB, Druck, Werbung, Vertrieb) und gewährt die Ausschüttung der vertraglich vereinbarten Tantiemen. Diese Geschäftspolitik führt folglich zur Übernahme des gesamten wirtschaftlichen Risikos.

 

Agenturen. Manuskripteinsendungen auf direktem Wege sind bei manchen der großen Publikumsverlage oft gar nicht möglich. Die Zeit, ein Manuskript - meistens ohnehin nur eine Leseprobe - und das Exposé zu bewerten, möchten sie sich sparen. Schließlich schafft es nur etwa jedes 50. Manuskript bis in die Druckerpresse. Agenturen übernehmen diese Bewertung und geben an die Verlage nur weiter, was sie überzeugt. Für den Autor hat die Bewerbung seines Manuskripts bei einer Agentur meist den Vorteil des guten Kontakts zu Verlagen, die gute Kenntnis von deren Programmen, Bedürfnissen und Vorlieben. Außerdem erhält der Autor anders als vom Verlag oft Tipps und Hinweise, wie er sein Manuskript umschreiben sollte, um mehr Bewerbungserfolg zu haben. Regelmäßig arbeiten die Agenturen auf Erfolgsbasis: Sie lassen sich an den Tantiemen beteiligen.

 

Druckkostenzuschussverlage, weitere Bezeichnungen: DKZV, Selbstkostenverlage und in Österreich und der Schweiz Zahlverlage.

Im Zeitalter der elektronischen Information hat es jeder Autor, hat es jede Autorin leicht, sein oder ihr Werk auch in gedruckter Form an den Leser, die Leserin zu bringen. In der Theorie. Zwar vergeben auch verschiedene Online-Plattformen kostenlos oder für ein geringes Entgelt eine ISBN (Internationale Standard-Buchnummer) und melden das Werk für das VLB an, jedoch scheuen die Buchhändler im Regelfall das Risiko, gegen Vorkasse ein Buch ins Regal zu stellen, dem zumeist kein Lektorat oder zumindest Korrektorat zuteil wurde. Niemand außer dem Verfasser selbst bietet eine Gewähr für inhaltliche, schriftstellerische und sprachliche Qualität. In diese Bresche springen - sofern sie ehrlich sind - Unternehmen oder Einzelpersonen, die dem Autor die Verlagstätigkeiten gegen Bezahlung anbieten.

Prinzipiell wäre gegen ein solches Geschäftsmodell nichts einzuwenden, jedoch haben schwarze Schafe durch Verschleierung der Kosten und durch Pflichtversäumnisse beim Verkauf die DKZV in Verruf gebracht: Schlechte, unverkäufliche Manuskripte werden über den grünen Klee gelobt, damit der Autor den Vertrag unterschreibt, Kosten werden nicht vorab offengelegt, Angebote bleiben schwammig, und der Annahme der einen Leistung folgt das Aufdrängen der nächsten. Arbeiten wie Lektorat und Korrektorat sind häufig oberflächlich oder beschränken sich ganz auf die Rechtschreibprüfung etwa mit Microsoft Word. Und wo bleibt der Anreiz für den DKZV, das Buch ordentlich zu vertreiben, wenn er am Autor schon verdient hat? Es gibt keinen. Am Ende hat der Autor vielleicht 3.000 Exemplare eines unverkäuflichen Werkes im Keller liegen, das ihn 10.000 Euro gekostet haben mag. Manche DKZV werben damit, dass der Autor die Auflagenhöhe bestimmt, doch nicht die Auflage entscheidet über den wirtschaftlichen Erfolg, sondern der Absatz!

Der ursprüngliche Verlagsgedanke ist hier nicht zu finden. Man lockt den naiven Schriftsteller mit der Vergabe eines Verlagslogos für sein gedrucktes Werk. Merke: Jeden Morgen steht ein Dummer auf!

 

Dienstleistungsverlage. Diesen Namen haben sich einige Unternehmen zugelegt, um sich von den DKZV abzugrenzen, jedoch gibt es sicherlich auch hier schwarze Schafe. Die ehrlichen unter diesen Verlagen bieten ihre Leistungen gegen eine vorab veröffentlichte Preisliste an. Auch hier sind die Spannen erheblich: Eine Normseite (30 Zeilen à 60 Anschläge, Leerzeichen werden mitgezählt) mag hier wie bei einer frei schaffenden Lektorin (Lektoren gibt es im Verhältnis wenige.) zwischen fünf und acht Euro kosten, ein Korrektorat zwischen zwei und fünf. Auch hier darf das Verlagsprinzip in Zweifel gezogen werden. Zum einen ist der Vertrieb des fertigen Werks nicht immer Vertragsbestandteil, zum anderen ist die Geschäftsidee näher an freien Dienstleistern als an Verlagen angesiedelt.

 

Zwischenformen. Einige, meist kleinere Verlage werben beim Autor damit, seine Bücher ohne Vorauskasse und ohne Bezahlung der üblichen Verlagsleistungen zu veröffentlichen. Dennoch wälzen sie ihr finanzielles Risiko zumindest teilweise auf den Verfasser des Werkes ab. Entweder verlangen sie dir Zahlung eines Einmalbetrags und vielleicht einer Jahresgebühr, solange das Werk im Programm gehalten wird. Oder die Abnahme einer Mindestmenge so genannter Autorenexemplare wird gefordert (d.h. dem Verfasser wird ein Rabatt eingeräumt für den Kauf seines Druckwerks - im Regelfall liegt der Autorenpreis zwischen Druckkosten und Ladenpreis) oder die Tantiemen werden erst ausgezahlt, wenn der Verlag seine Kosten über den Verkauf schon eingespielt hat.

 

Freie Lektorinnen und Korrektorinnen. Bewusst wird hier die weibliche Form gewählt, denn dies ist die Domäne der Damen! Deutlich weniger männliche Kollegen gibt es in dieser Zunft. Nur kurz soll die Tätigkeit angerissen werden: Aufbau, inhaltliche Logik, genregerechtes Setting, Spannung und Gefühle, Schreibstil und sprachliche, orthografische und grammatikalische Richtigkeit. Diese Dienstleistung hat ihren Preis: In Abhängigkeit von Länge, inhaltlicher Komplexität und Schwierigkeit kosten das Lektorat für gewöhnlich zwischen 5 und 8 Euro je Normaseite, ein Korrektorat zwischen 2 und 5. Ob gerade ein Selfpublisher die Kosten je über den Verkauf seiner Werke einspielt, darf berechtigterweise in Frage gestellt werden. Und in Kenntnis dieser Honorare ist das wirtschaftliche Risiko der Verlage teilweise abzuschätzen, da sie die Leistung ja übernehmen.

 

Fazit. Der Leser orientiert sich gewohnheitsgemäß am Blick aufs Cover und auf den Klappentext, wenn er seine Kaufentscheidung trifft. Vielleicht lohnt aber auch für ihn eine kurze Nachfrage über den Verlag, sofern er ihn nicht kennt. DKZV stellen nicht nur ein Risiko für den Autor dar, sondern auch für den Leser, denn schlimmstenfalls kauft er von ihnen literarischen Sch... - Verzeihung: Schrott. Dem Autor bleibt es selbst überlassen, wie wichtig ihm ein Verlagslogo auf seinem Printbuch oder eBook ist, wenn ein Publikumsverlag sein Manuskript nicht angenommen hat. Ist er bereit, das Risiko einzugehen, mit einem DKZV zu arbeiten und 3.000 Bücher im Keller zu lagern? Übrigens lehnen viele Finanzämter die steuerliche Anerkennung der Kosten für einen DKZV ab, wenn dem finanziellen Aufwand kein absehbarer Verkaufserfolg gegenübersteht. Das Schreiben wird als Hobby, die Veröffentlichung als Akt der Eitelkeit angesehen.

 

Die Authors' Challenge bietet euch Leserinnen und Lesern die Möglichkeit, noch unbekannte Autorinnen und Autoren kennenzulernen - für das horrende finanzielle Risiko von 99 Cent. Vielleicht ergibt sich daraus ja eine literarische Freundschaft.

 

(Quellen: Internet, u.a. Wikipedia)